Wolf und Weidehaltung – Positionspapier

Wolf und Weidehaltung – Positionspapier

Aufrechterhaltung der üblichen Weidehaltung durch Wolf als großen Beutegreifer in Gefahr!

Position berufsständischer Organisationen der Land- und Forstwirtschaft in Bayern

Der Wolf kann sich aufgrund eines umfassenden Schutzes ungehindert in Mitteleuropa verbreiten. Mit Reproduktionsraten von jährlich bis zu 30 Prozent und ohne natürliche Feinde schreitet die Ausbreitung auch in Deutschland rasant voran. In Europa leben mittlerweile schätzungsweise 15.000 bis 20.000 Wölfe.

In Regionen mit Wolfsvorkommen wird gehäuft über Risse von Wild (unter anderem Rot- und Rehwild) und landwirtschaftlichen Weide- und Gehegetieren berichtet. Darüber hinaus besteht aber auch bei besonders tiergerechten Stallungen für Rinder, Schafe und Ziegen im Sinne von Offenställen erhebliche Gefahr für Wolfsübergriffe, gerade für Jungtiere wie Kälber, Lämmer und Zicklein. Nach erster bestätigter Paarbildung im Bayerischen Wald dürfte in Bayern die Entstehung erster Wolfsrudel zu erwarten sein.

Zur Wahrung der attraktiven Kulturlandschaften Bayerns, zum Erhalt der mit nachhaltigem Wirtschaften verbundenen Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren, gerade auch in sensiblen Gebieten, und zum Schutz der bäuerlich strukturierten Land- und Forstwirtschaft mit ihren umfassenden Leistungen für Mensch und Umwelt fordert der Bayerische Bauernverband von der Politik im Zusammenhang mit dem Wolf als großen Beutegreifer insbesondere:

 Den Schutz und Erhalt der bäuerlichen Weide-, Freiland- und Offenstallhaltung mit ihren umfassenden Leistungen für Kulturlandschaft, Artenvielfalt und Tierwohl.

 Eine umfassende Folgenabschätzung zur Eignung Bayerns als Lebensraum und zu den Auswirkungen durch das Auftreten des Wolfes auf die vielfältig strukturierte Land- und Forstwirtschaft sowie auf die vom bisherigen bäuerlichen Wirtschaften geprägte Kulturlandschaft und auf deren Artenvielfalt. Ebenso sind die Auswirkungen auf die Jagd, den Wert des Grundeigentums (einschließlich des Jagdrechts als Eigentumsrecht), auf das Wildverhalten und das möglicherweise damit verbundene Entstehen neuer Wildschadensschwerpunkte sowie auf den Jagdwert betroffener Reviere unter Einbindung der Jagdrechtsinhaber und Jagdausübungsberechtigten zu analysieren.

 Eine Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bevölkerung und des Tourismus in den ländlichen Räumen Bayerns.

 Zur Aufrechterhaltung der bisher üblichen Weidewirtschaft bedarf es beim Wolf praktikabler Regelungen und Möglichkeiten für Bestandsregulierungen bis hin zur vollständigen Entnahme.

 Parallel dazu bedarf es einer vollständigen Kostenübernahme für sämtliche wirtschaft-lichen Nachteile, die der Land- und Forstwirtschaft durch den Wolf entstehen. Sei es aufgrund von Schäden und Aufwendungen, aber auch durch Präventionsmaßnahmen – soweit diese überhaupt möglich und sinnvoll sind.

Eine Lösung bestehender, rechtlicher Fragen und Konfliktfelder im Baurecht, Tierschutzrecht (u. a. Tierschutzhundeverordnung), Naturschutzrecht, Weiderecht, Pflanzenschutzrecht, Haftungsrecht, Arbeitsrecht, Förderrecht und Jagdrecht im Sinne der

Die nachfolgenden berufsständischen Organisationen und Verbände

der bayerischen Land- und Forstwirtschaft unterstützen diese Position:

  1. Almwirtschaftlicher Verein Oberbayern e.V.
  2. Alpwirtschaftlicher Verein im Allgäu e.V.
  3. Arbeitgeberverband für die Land- und Forstwirtschaft in Bayern e.V.
  4. Arbeitsgemeinschaft Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer
  5. Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Bergbauernfragen
  6. Bayerischer Bauernverband
  7. Bayerische Herdbuchgesellschaft für Schafzucht e.V.
  8. Bayerischer Waldbesitzerverband e.V.
  9. Familienbetriebe Land und Forst Bayern e.V.
  10. Fleischrinderverband Bayern e.V.
  11. Landesverband Bayerischer landwirtschaftlicher Wildhalter e.V.
  12. Landesverband Bayerischer Rinderzüchter e.V.
  13. Landesverband Bayerischer Schafhalter e.V.
  14. Landesverband Bayerischer Ziegenzüchter e.V.
  15. Verband der Forstberechtigten im Chiemgau e.V.

betroffenen Tierhalter und Landwirte, erforderlichenfalls auch durch zeitnahe Initiativen für entsprechende Rechtsänderungen.

 Eine Umkehr der Beweispflicht im Falle von vermuteten Wolfsrissen oder Wolfseinflüssen, weg vom Tierhalter hin zu den zuständigen Behörden.

 Gewährleistung der Sicherheit der Menschen in den ländlichen Räumen Bayerns

sowohl bei Arbeiten als auch bei Freizeitaktivitäten im Freien.

Ein vollständiger und effektiver Herdenschutz vor dem Wolf als großen Beutegreifer ist für die in Bayern übliche Weidehaltung derzeit in der Praxis nicht möglich. So sind in einigen Regionen, wie beispielsweise dem bayerischen Alpenraum, aktuell keine geeigneten Präventionsmaßnahmen verfügbar. Dort, wo umsetzbare Präventionsmaßnahmen möglich wären, bedeutet das für bäuerliche Betriebe mit Schaf-, Ziegen-, Geflügel-, Pferde- und Rinderhaltung sowie für landwirtschaftliche Gehegewildhalter einen enormen Mehraufwand und Mehrkosten zum Schutz ihrer Tiere. Angesichts dessen besteht die Sorge, dass dann gerade bäuerliche Betriebe ihre zum Teil über Generationen betriebene Tierhaltung komplett aufgeben. Erfahrungen aus anderen Regionen in Europa zeigen, dass Wölfe lernen, mit bestehenden Präventionsmaßnahmen umzugehen und sogar massive Zäune zu überwinden. Deshalb ist die Gefahr groß, dass aufgrund von Übergriffen durch Wölfe die gesellschaftlich besonders gewünschte und geschätzte Weide- und Freilandhaltung vielfach aufgegeben wird. Die grundsätzliche Frage muss sich die Politik hier selbst stellen, ob sie alternativ verstärkt hermetisch abgeriegelte Stallungen will.

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